Noch steh’ ich an die
Meereswand geschmiedet,
Starb Zeus auch längst und
seiner Blitze Strahl;
nicht hat der neue Gott sich
meiner Qual
Erbarmt, wie zeus von
Selbstsucht nur umfriedet!
Nenn’ ich’s noch Qual, wenn
heiß das Herz mir siedet,
Drin täglich hält der Geier
noch sein Mahl? –
Gestürmt wird auch der neue
Gottessaal,
Verlassen, wie ihr von den
alten schiedet!
Ihr Götter! Ich nur bleibe
trotz der Leiden,
Ihr wähnt, noch hab’ ich nicht
genug gebüßet?
Ho! die Gewohnheit hat mein
Leid versüßet!
Wer von uns beiden ist wohl zu
beneiden? –
Doch will ich noch die
Hoffnungsblume tragen,
Daß einst ein mild’rer wird
mein Joch zerschlagen!“
Wär’ ich ein Maler, wollt’ ich
zaudernd malen
Dich, selt’ne Wunderblume,
Schönheitsblüte;
Und all den Reiz, der dir, o
Weib, entsprühte,
Die Farben schöner sollten
wiederstrahlen.
Wär’ ich Bildhauer, aus dem
Stein, dem kahlen,
Karrara’s dich zu locken ich
mich mühte,
Daß schöner noch dein Reiz im
Stein erglühte –
Ach unbeschwingte Wünsche,
lahmes Prahlen!
Denn nicht Bildhauer, noch ein
Maler bin ich,
Nur ein zu Fuße wandelnder
Poet,
Der sich auf’s Wort nur, Duft
und Hauch, versteht.
Und wenn ich einfach sage,
still und sinnig:
Du bist so schön, daß neidisch
wird die Rose,
Dankst du mir solch ein
schmeichelhaft Gekose?
Gewiß, der Glaube ist für mich
verstaubt.
Von Göttlichkeit und andern
Wunderdingen,
Die, denk’ ich nach, um den
Verstand mich bringen,
Hab’ ich mich zu befreien mir
erlaubt.
Doch glauben Sie – bei Ihrem
Lockenhaupt,
bei allen Freuden, die uns
Schmerzen bringen,
Bei all dem
schmerzdurchwühlten Menschenringen –
Ich habe mehr als mancher
Christ geglaubt!
Zwei Räthsel kenn’ ich: Liebe
wie Musik;
Sie durften nur dem Herzen
angehören,
Nie sah dies Traumreich des
Verstandes Blick!
Wie gern mein Geist sich hier
beschränkt erkannte,
Er mocht’ auch nie die fromme
Seele stören –
O spielen Sie noch einmal das
Andante!
Es bleibt das Weib des Lebens
Edelstein,
Ist Schwachheit auch des
Leibes Rosenschrift,
Kam jeder Blick, der dich
unsagbar trifft,
Auch nur aus eines klein’ren
Hirnes Schrein.
Und wenn auch schwach der
Leib, die Stirne klein,
Ward darum eine kleinere
Mitgift
Dem Weib vom Schicksal? Lies
des Lebens Schrift,
Streich’ aus den Namen Weib:
weiß wird sie sein!
Welch Weltgeheimniß hier den
Blick umhüllt!
Und doch welch Thor wird
mürrisch grübelnd fragen,
Wenn ihn zu einem Weibe Lieb’
erfüllt?
Ihr seid, o Frauenblumen, die
ihr blüht
Wie Rosen, die ein hold
Geheimniß tragen,
Die Gottheit dem poetischen
Gemüth!
Oft wohl in schweigsam heller
Nacht durchschauert
Der kühle Sturm mich der
Vergänglichkeit;
Mein Geist dem Schattenwesen
Odem leiht,
Das unsichtbar noch in der
Ferne lauert.
O Tod, der ewig fern im Dunkel
kauert,
So lange lebst du noch als
lebt die Zeit,
Graunvolles wesen voll
erhabenheit,
Hast du jemals gelächelt, je
getrauert? –
Nachtträume! Mit dem Monde sie
versprühen.
Am Tage klingt das alte
Hoffnungslied:
O sieh die Blumen jeden Lenz
erblühen.
Und wenn auch diese mit dem
Lenze flieht
Und eine and’re siehst im
nächsten glühen;
Die Blume bleibt, solang der
Lenz sie sieht!
Sie nannten mich den stolzen,
kalten Heiden,
Sie, die sich nicht aus
Geistesdämmerungen
Zu des Gedankens Sonnenhöh’
geschwungen,
Die nie gewußt von Zweifeln
und von Leiden!
Mag mich die glaubensdumpfe
Sippe meiden! –
Dir, dunkel Schicksal, ist
mein Lied erklungen,
Du hast allein den wilden
Geist bezwungen,
Dir beugt der trotzige sich
sanft bescheiden.
Die Juden mögen dich Jehova
nennen,
Die Griechen mochten Zeus aus
dir sich machen,
Die Indier dich als Brama tief
erkennen;
Die frommen Christen mögest Du
bewachen
Als Vater, Sohn und Geist, die
nicht zu trennen: -
Du bleibst dir gleich in allen
Menschensprachen!
An
Rudolf Crisolli
Nacht war’s. Des Mondes weiße
Schimmer woben
Sich um die grauen Häupter
hoher Nüstern;
Bald im Halbschatten ging ich,
bald im Düstern –
Ja, Freund, man soll die
Schauernacht nicht loben!
Hat dort sich nicht im
tiefsten Schwarz erhoben
Hohnsummend laut und lauter
heis’res Flüstern?
Schon seh’ ich Flammen aus der
Rosse Nüstern,
Da, horch ... wie still. – Der
wache Traum zerstoben!
„Freisinnig“ nennen mich die
dummen Leute.
Den haß’ ich, der recht stolz
auf diesen Namen
Sich wie ein Hund meist nur
des Lebens freute!
O glaube mir: Sie alle, die
entstammen
Dem Mutterschoße, sind die
leichte Beute
Des Graun’s, weil fremd sie
auf die Erde kamen
„Das ist ein Wunder!“ – Welch ein
Zauberspruch
Für alle Kinder und für alle
Frommen;
Auch unsern Heiden bleib’ er
unbenommen,
Nur jenen Dummen nicht, die
allzu klug!
Wir haben Wunder mit so
manchem Buch
Voll Gift und voller Heilung
überkommen;
Sie alle sind in’s Träumereich
verschwommen,
Sie alle sind nicht wundersam
genug.
Dies dünket mir das größte
großer Wunder:
Die Sprache mit nur
vierundzwanzig Lettern –
Bei Licht besehn, welch armer
Geistesplunder!
Doch wenn wir in dem
Riesenbuche blättern,
Geschichte, finden wir die
That in runder
Gesammtzahl: Sie erbauen und
zerschmettern!
zu
Berlin
Gern wandl’ ich, wenn es
dämmert, hier im Hain,
Deß Wipfel Streifen
Sonnengolds umkrönen;
Mag ihn der Schüler Bädekers
verhöhnen,
Mir soll er theu’rer als die
anders sein.
Hier singt der Wald dieselben
Melodei’n,
Die in gerühmten Fernen hold
ertönen,
Hier Blumen auch das frische
Gras verschönen,
Aus Dunkel blickt der Büsten
weißer Stein.
Ist auch der Meister dort von Stein,
Apoll,
Durch Staub und Sturm ein
wenig schon ergraut,
Weiß ich auch nicht mehr, ob
in Dur, ob Moll
Ertönte seiner Sandsteinharfe
Laut –
was kümmert’s mich? Doch hör’
ich noch, wie voll
Und schmelzend weich dein Lied
klingt, Rosenbraut!
Des Himmels Stirn entwölkt
sich. Klare Bläue
Verscheucht der Wolken blasses
Grau. Die Flur,
Sie athmet wieder auf, als ob
Natur
Auch wie das Menschenherz des
Lichts sich freue.
Die Heerde, schüchtern
harrend, wagt auf’s neue,
Zu suchen frischer Gräser duft’ge
Spur;
Auch naht der Hirt sich. O wo
blieb er nur?
Er barg sich in der Nähe tief
im Heue.
Die Heerde wandelt, und die
Glöckchen klingen,
Indeß der Hirt grauwoll’ne
Strümpfe strickt
Und heimlich einen Blick zum
Himmel schickt.
Und trillernd wieder sich die
Lerchen schwingen
Zum Aeher, und das alte
Jubellied
Des frohen Lebens auf zur
Sonne zieht.
Was soll, o Herz, dein pochend
wildes Schlagen?
Ach, daß ich trage dich noch
unter’m Kleide,
Ein feurig schwert in einer
rost’gen Scheide! –
Ich mußt’ es oft, ach oft,
sehr oft beklagen!
Wann wirst du je der Hoffnung
dich entschlagen,
Die wie der Stern auf eine
trübe Haide
Hinabblickt, ewig fern? O
schwelg’ im Leide,
Das Alter predigt: Schön sei
das Entsagen!
„Noch ist’s so jung!“ –
spricht des Verstandes Zunge,
Wenn das wir Jugend,
Götterjugend nennen,
Wo Löwenkraft sich eint mit
Adlerschwunge.
Doch ewig auf und ab im Käfig
rennen,
Nie heben dürfen sich zum
Riesensprunge –
Da mußt du, Herz, langsam und
still verbrennen!
Im Sommer möcht’ ich wohnen an
dem Meer,
Einsaugen seine kühle
Freiheitsluft –
Hier lullt mich ein des Tabak’s
Opiumduft,
Er macht mein Herz zu sorglos,
hoffnungsleer.
Versteh’ ich denn schon Alles
ringsumher?
Versteh’ ich was die Schwalbe
flüchtig ruft?
Versteh’ ih, was der Berge Höh’n
und Schluft
Durchsaust? Kein Räthsel ist
zu suchen mehr?
O schöne Fragen, die ich hier
verlerne,
Euch wollt’ ich lösen, wenn,
wenn ich an dem Strand
Des Meeres wandle, sinnend,
einsam, ferne!
Auf’s Höchste wieder meinen
Blick gewandt,
in weicher Mondennacht, beim
Glanz der Sterne,
Säh’ ich im Traum manch’
unbekanntes Land ...
Entflohn der grauen Wüste der
Gedanken,
Wo „bleich“ der Mond, die Luft
ist trocken heiß,
Und wo die Stirn erfrischt
kein Myrthenreis,
Und keiner frischen Quelle
lachend Schwanken:
Seh’ ich nun wieder Blumen
mich umranken;
Gesichter, rosigroth und
Lilienweiß,
Erblick’ ich wieder, und ich
singe Preis
Dem neuen Leben und den alten
Schranken.
Mit den modernen
Philosophenfragen
Verlor ich ein’ge meiner
Lebenslenze,
Einspinnend mich in düst’re
Winterklagen.
Die großen Kinder tragen
Narrenkränze;
Will nicht moderne
Denkerkäppchen tragen,
Ich lebe froh und kenne meine
Grenze.
Glückselig heißen jene blinden
Thoren,
Die selten nur besucht sind
von Gedanken,
Die manchen wachen unheilsvoll
umranken,
Hohnsäuselnd ihm: Zu früh – zu
spät geboren!
Dem Schwarme geht ein
Sonnentag verloren,
Kein Sturm des Hoffens neigt
ihn je zum Schwanken;
Und will ihm einmal gar die
Seele kranken:
Zum Schutzgeist hat er froh
den Leib erkoren!
Euch könnte wohl der Weisere
beneiden,
Denn ihr erfüllet auch des
Lebens Sendung,
Das er umsonst des Schleiers
will entkleiden.
Doch, Menge, mit hoffärtiger
Verblendung
Belächle nie der wen’gen
Großen Leiden:
Bist Mörtel nur nach ihres Bau’s
Vollendung!
An R. C.
“Was lohnt es sich, dies Leben
auszuleben,
Wo Lust und Leid sind hohle
Seifenschäume,
Drauf ewig schillern bunte
Hoffnungsträume,
Die wie ein kurzer Blitz so
schnell entschweben?
Wofür, o Mensch, ist all dein
rastlos Streben?
Betrachte jene mürr’schen
Fichtenbäume:
Ob sie dir einst für hohe
Weltenräume
Wohl noch ein dumpf verschloß’nes
Häuschen geben?“
So fragt das Herz in seinen
dunkeln Stunden,
Wenn ihm ein
Hoffnungsblüthchen welkte wieder,
Wenn es sich wieder einmal
selbst gefunden. –
O Freund, der hohe Himmel
drückt uns nieder:
Wenn erst der letzte
Himmelsstern entschwunden,
Dann jauchzen wonneselig alle
Lieder!
Ja zittern vor dem Sohne der
Kamönen
Mag mancher Herrscher und ihn
feig verachten,
Weil seine Lieder, die oft
mehr als Schlachten,
Dem Gott der Freiheit und der
Zukunft tönen.
Nie wird der Dichter eitlen
Götzen frönen.
Den Schatz, den seine Väter
ihm vermachten,
Bewacht er, wie die Väter ihn
bewachten,
Und seine Hoffnung werden
Siege krönen.
Ihr Herrscher, lächelt nicht
des Sohn’s der Musen,
Auch er kann lächeln, daß ihr
bleich hinsinkt,
Getroffen wie vom Blicke der
Medusen!
Kennt ihr das eine Lied, das
ewig klingt?
Tyrannen saugt’s das Blut aus
gleich Empusen,
Dem Dichter folgt, der euch
den Loorbeer schlingt!
Sieh wie der Stier in üppig
starkem Muth
Die grüne, klare Ebene
durchjagt,
Der Boden zittert, kaum zu
athmen wagt –
Und sieh wie jetzt er
majestätsvoll ruht.
Langsamer strömt in ihm das
rothe Blut;
Wie er die Hälmchen spielend
nur benagt,
Dann jauchzend brüllt, als ob
sein Brüllen sagt:
Zu ruhn der Fluren Herrscher
jetzt geruht! –
Oft träumt ein Dichter von dem
Flügelroß,
Mit dem er auf zum blauen
Himmel fliegt;
Doch seit der Himmel uns in
Nichts zerfloß,
Seit uns und unsern Traum die
Erde wiegt:
Da zieh’ ich vor dich,
stampfender Genoß,
Der voller Kraft und Ruh’ im
Grase liegt.
Philosophie! An deinem Pallas
bauen
Nun schon Jahrtausende voll „heißer
Mühn;“
Dem Kölner Dom gleich seh’ ich
dich erblühn,
Darf ich, darf einer die
Vollendung schauen?
Vor dem Gedanken fühlt’ ich
oftmals Grauen.
Mocht’ auch der Denker hohe
Stirn erglühn,
Erhabene Gedanken ihr
entsprühn,
Der Schlußstein ruht noch in
den – Himmelsauen!
Platon, der Stagerit, Spinoza,
Kant:
Vier Namen: Eine Welt in einer
Hand!
Und keiner die Erlösungsformel
fand? –
Verzweifelnd knirschte nicht,
o Menschengeist!
Langfrau, gemach der Adler
höher kreist,
Und einen, einen Pfad er doch
nur weis’t!
Auf eines dunklen Schicksals
Walten bauen,
Begnügen sich mit froh und
schlechten Tagen
Und täglich lernen, etwas zu
entsagen,
Sich lenken lassen von den
schönen Frauen;
Eins mit sich selber sein und
sich vertrauen,
Für herrliche Gedanken, die
wir tragen
Im Busen, Leib und Seele
muthig wagen,
Dem Tode lächelnd in das
Antlitz schauen:
Glückselig, wer durchlebet so
ein Leben,
Er hinterläßt der besten
Schatz den Erben;
Den Zukunftssöhnen: Ewig heit’res
Streben!
Mag jeder sich den goldnen
Spruch erwerben:
Wir haben Zeit, um thatenreich
zu leben,
Wir haben lange Zeit, bevor
wir sterben!
Dein blaues Auge blickt so
rein;
So unschuldsvoll die
Rosenwangen,
Noch wendet sie kein Gluthverlangen,
Ganz Himmel noch und
Sonnenschein!
Du ruhst in deinem Kämmerlein
Bei zauberhellem Mondesprangen
–
Ein Schatten möchte dich
umfangen,
Und Du? Du schlummerst selig
ein.
Noch kennst du sie nicht, die
Dämonen,
Die voller heißer Leidenschaft
Auf dieser sünd’gen Erde
wohnen.
Dein Antlitz leuchtet
engelhaft –
Ach dürftest du im Himmel
thronen,
Wo nie der Unschuld Reiz
erschlafft!
Du junge Schöne, tanze, tanze!
Laß von dem Strom der Melodien
Dich in ein Meer von Wonne
zieh’n
Mit unermeßlich duft’gem
Glanze.
Du trägst das Lebensbild, das
ganze,
Noch in dir: Unverstandnes
Fliehn
Und Nahn der Seele – Harmonie’n,
Sich einigend zu einem Kranze!
Das ganze Leben ist ein Reigen
Mit seinem unbewußten Drange
Umrauscht von Paukenschlag und
Geigen.
Und in dem einen Lebensklange,
Bacchantisch fromm, vertönend
schweigen
Muß jeder Mißklang, schrill
und bange!
Die schönen Blumen! wirst du
sagen,
Welche düftehauchendes
Bouquet!
Dann stellst du sie auf’s
Fensterbrett –
Die armen Blumen! muß ich
klagen.
Und nimmer ahnst du, wie sie
tragen
Ihr hold Geheimniß stumm und
nett;
Wie liebenswürdig, fast kokett
Der stummen Blumen Herzen schlagen!
O wärest du Cirkassierin,
Du legest ihn so stumm nicht
hin,
Wenn du den Blumenbrief
empfangen!
Du sprächst mit glühend rothen
Wangen:
„Schon liebt der arme Junge
mich!“
Vielleicht noch seufzend: „Und
ich dich!“ -
Ich denke dein, mein süßes
Kind,
Ich sehe dich in deinem
Zimmer:
Des Mondes duft’ger
Zauberschimmer
Durchs offne Fenster quellend
rinnt.
Mit den Gardinen spielt der
Wind.
Du schreckst erröthend auf O
nimmer
Nah’ dir in lockendem
Geflimmer
Ein böser Traum, scheuch’ ihn
geschwind!
Doch huscht ein Traum in’s
Fenster ein,
ein guter Traum, verjag’ ihn
nicht,
Laß in dein Bettchen ihn
hinein! –
Und küßt dich wach das
Sonnenlicht,
Dann seufze: Ach ich war
allein!
Und halte, was dein Herz
verspricht.
Ich liebte manches schöne
Kind,
Doch ach die Kinder wurden
älter,
Die Glut erlosch, und kalt und
kälter
Ward gegen sie mein Herz
gesinnt.
Doch ging nicht Alles in den
Wind.
Ein Liebchen wieget noch mein
Zelter:
Die Hoffnung, meines Herzens
Feldherr,
Noch manchen Sieg für mich
gewinnt!
Und ewig bleibt die Hoffnung
jung,
Sie trotzt der alten Mutter:
Zeit,
Der Schwester selbst:
Erinnerung!
Sie lächelt stets voll
Seligkeit.
nichts macht sie klug. Trotz
Wandelung
Der Zeit trägt sie ihr
Kinderkleid.
Ein Himmel voller Sonnenshein,
Ein Garten, drinnen Blumen
sprießen,
Und mild den zarten Duft
ergießen –
So sollte wahre Liebe sein.
Ein herzentzündend echter
Wein,
Den lange Jahre nur versüßen –
So sollte Liebe uns begrüßen,
Noch stärker mit den Jahren
sein.
O Frau! Ich denke wohl wie
Sie,
So fühlt’ auch in Kindertagen
Des Lebens schönste Poesie!
Doch ward nicht Ihnen auch
zerschlagen
Die schön geträumte Harmonie? –
Wir dürfen nur zu glauben
wagen!
Auf euren Wogen,
Himmelsklänge,
Voll unsagbarer Harmonie,
Nur dort, nur dann vergess’
ich sie,
Des Lebens drückend schwere
Enge.
Und sind es düst’re
Schmerzgesänge,
Sind’s Lieder heller Harmonie –
Ihr seid der Seele Poesie
Und zeigt das Ziel der wirren
Gänge.
Das Denken, ist es auch nur
Träumen,
Wird mir so schwer, wird mir
verhaßt,
Gleich einem Renner muß ich
schäumen,
Den Schreck vor eig’nem
Schatten faßt. –
Ihr hebt mich auf zu
Himmelsräumen,
Und selbstvergessen find ich
Rast.
Wie dunkel auch das Labyrinth,
Wie wirr und wunderbar die
Gänge,
Wie unverstanden auch die
Klänge,
In diesem Lebenstempel sind:
Es herrscht ein Etwas, welches
spinnt
Jedwedem seines Wandels Länge –
Ein Leitseil, das er nie
zersprenge,
Ob er auf tausend Listen
sinnt.
Das ist der Trost im
Menschenleben!
Denn wäre weltentbunden, frei
Der Erdentspross’nen blindes
Streben,
Der Faden risse schnell
entzwei:
Statt dunkeln Schicksals
schweigend Weben
Schrie’ der Verzweiflung
dumpfer Schrei!
Das Leben ist ein Labyrinth,
Ich hab’ es einmal schon
gesagt;
Ich hab’ es mehrmal schon
beklagt:
Wir gleichen Blättern in dem
Wind.
Doch ob wir auch untröstlich
sind,
Daß nie das reine Licht uns
tagt,
Uns doch bisweilen, oft
behagt,
Daß Schönheit unser Sein
umspinnt!
So bitter stechen auch die
Leiden
Auf dieser dorn’gen Erdenbahn,
Die leider keiner kann
vermeiden:
Der eine Trost, der doch kein
Wahn,
Läßt dich in süßen Wonnen
scheiden –
Die Schönheit hat dir wohl
gethan!
O süß – in veilchenblauer
Nacht,
Wann still die Sterne
niederscheinen,
Wann Traum und Schlummer sich
vereinen,
Besiegen sanft der Leiden
Macht –
O süß, wann jetzt dein Herz
erwacht!
Leidselig bist du, wenn dein
Weinen
Nur keinen, arme Seele, keinen
Hat um den goldnen Schlaf
gebracht!
Und an vergangnes Wonneglück
Denkst du in süßem Schmerz
zurück,
An Zukunft, die dich nimmer
schonet ...
In solchen Nächten fühlest du,
Wie, Wandrer, über dir in Ruh
Unwandelbar das Schicksal
thronet!
Wie Schmetterlinge flohn die
Tage,
Wo wir uns Aug’ in Auge sahn,
Wo deines Kleides knistern
Nahn
Mich zittern ließ – o Wonneplage!
Und ewig ich im Herzen trage
Den Nachts verträumten,
schönen Wahn,
Als wehte mich dein Odem an,
Erglüht vom heißen
Herzensschlage. –
Ich steh’ am Fenster. Sehe
scheinen
Ach die Gestirne sanft und
stille,
Ich könnte, doch ich will
nicht weinen.
So tröstet sich mein stärk’rer
Wille:
Ein ewig Glück umschmeichelt
keinen,
O lebewohl, du Glücksidylle!
Die schönen Rosen sind
verblüht
Gleichwie die erste
Liebesluft,
Und leerer fühlet sich die
Brust,
Zu Asche bald die Glut
verglüht.
Das arme, menschliche Gemüth!
Das Wort, ach, daß du scheiden
mußt
Von dem, was du dir lieb
gewußt,
Nie wie der Rosen Duft
versprüht!
Wohl! Auch im nächsten Lenz
erwachen
Mit glühem Roth, reizvollem
Lachen
Viel viele neue, and’re Rosen.
Doch and’re Rosen sind es
eben.
Die süßen nicht mehr, die voll
Leben
Wir schalkhaft durften einst
umkosen.